Martin Kostenzer 🎞️’s review published on Letterboxd:
Die Prophezeiung des Wüstenplanet
So wurde es geschrieben von Frank Herbert und überliefert über Generationen, dass der Eine kommen würde und die Legende verbreitet, sodass jeder von ihr überwältigt werden könne.
Doch traten viele in seinem Namen vor und scheiterten an der Bürde des Vermächtnisses des großen Shai-Hulud oder verblassten im Schatten Arrakeens.
So gab es einen Mann der sich Jodorowsky nannte, er war ein Visionär und wollte das Volk von Hollywood in das gelobte Land führen. Doch war er der falsche Prophet zur falschen Zeit und seine Vision stieß auf taube Ohren.
Es erhob sich aus dem surrealen Staub ein Mann, der sich später Alan Smithee nannte, aber auch unter dem Namen David Lynch bekannt war und auch er wollte das Paradies, welches Dune zu sein versprochen hatte, für das Volk vorbereiten. Doch auch er scheiterte an diesem Versuch, auch wenn sich bis heute Jünger seiner Vision finden lassen.
So vergingen die Jahrzehnte und trotz so manchem Aufstreben kleinerer Propheten versank Herberts Legende immer weiter im Staub der unendlichen Wüste.
Doch dann kam die Ankunft eines Gefangenen, eines Sicario und eines Feindes, einer Frau die singt und eines Klingenläufers und die Rufe seiner Anhänger erschallten voller Euphorie. Er strahlte am Horizont, stieg herab von den steilen Hängen Hollywoods und in seinen Händen hielt er die Tafeln, die Tafeln mit seiner Vision, mit seiner Legende.
Und die Rufe wurden laut, nun schien er gekommen, der Messias, der Erlöser, die Stimme der Außenwelt, der Lisan al Gaib, der Kwisatz Haderach!
Er war da und sein Name war Denis Villeneuve und er brachte uns sein DUNE!
Das Spice muss fließen!
Doch ist der zweite Teil von Villeneuves Dune wirklich das erhoffte Highlight des Kinojahres, welches ich und wahrscheinlich auch viele andere, sich nach dem fulminanten Auftakt versprochen hatten?
3 Jahre lang mussten wir warten, um die Geschichte um Paul Atreides weitererzählt zu bekommen und so viel möchte ich schon mal vorwegsagen: das Warten hat sich definitiv gelohnt.
Villeneuve macht genau dort weiter, wo er mit Teil 1 aufgehört hat, sowohl inhaltlich, als auch inszenatorisch, die Bilder, der Sound, die Musik, alles entfaltet eine unglaubliche Wucht. Aber alles der Reihe nach.
Doch wo soll man bei einem so epochalen Werk überhaupt anfangen?
Am besten am Beginn. So beginnt Dune 2 nahezu exakt dort, wo Teil 1 aufgehört hat, wodurch schon der Grundstein gelegt wird, für das Gefühl einem großen Epos beizuwohnen.
Schon nach Teil 1 habe ich gewisse Ähnlichkeiten und Vergleiche mit Herr der Ringe herangezogen, zumindest was den Eindruck betrifft, eine große Geschichte, die sich über mehr als einen Film erstreckt zu erleben und ja, jetzt mit beiden Teilen von „Dune“, eingebrannt auf meine Netzhaut und mein Hirn, wirkt es viel mehr wie ein großer Film, als wie zwei einzelne Werke.
So fällt es mir nun auch sehr schwer, Dune 2 losgelöst und für sich alleine zu bewerten, denn dies scheint mir nahezu unmöglich und auch unfair gegenüber dem Film.
Der Film erzählt nun die Geschichte über den Verrat an der Familie Atreides weiter, doch nimmt sie nun noch viel größere Ausmaße an, als man es nach Teil 1 vielleicht noch vermuten würde.
So steht hier nun der Glaube als zentrales Element im Kern von Villeneuves Erzählung. Die Anleihen Inspirationsquellen von Frank Herbert und auch Villeneuve sind klar erkennbar und werden auf sehr interessante und ansprechende Art auf diese Science-Fiction-Welt übertragen. Die Wandlung, welche die Figuren durchmachen, vor allem die Hauptfigur Paul ist faszinierend und ließ mich am Ende im Unklaren darüber zurück, wer nun wirklich der Held dieser Geschichte ist und ob es in ihr überhaupt ein Richtig oder Falsch, ein Gut oder Böse geben kann.
Herbert kreierte mit seinem Dune-Zyklus eine faszinierende Welt, die so viel tiefer geht, als es in den Filmen möglich ist zu zeigen. Ging ich in Teil 1 noch ohne jegliches Vorwissen hinein, habe ich mich in der Zwischenzeit doch etwas mit der Welt von Dune befasst, wenn auch nur oberflächlich, da mich solche fiktionalen Welten immer wieder aufs Neue faszinieren, seien es jene von Harry Potter, Star Wars oder Game of Thrones. So merkt man auch in diesem Film, dass noch so viel mehr Tiefe in dieser Welt steckt und doch gelingt es Villeneuve hier, das großartige World Building des ersten Teiles sowohl im Großen als auch im Kleinen fortzusetzen, bekannte Orte wiederzubeleben, aber auch neue Welten zu kreieren und von der ersten Sekunde an eine Faszination für diese zu generieren. Es stecken so viele kleine und große Details in diesem Film, dass ich mir sicher bin, so viele davon noch gar nicht erkannt zu haben, weshalb ich mich schon sehr darauf freue, ihn mir erneut anzuschauen, dann vielleicht sogar mit dem Wissen aus dem Buch.
Aber wie schon bei Teil 1 geschrieben, würde eine Welt nicht funktionieren, egal wie gut sie geschrieben wurde, ohne Figuren, die sie bevölkern und Darsteller, die diese Figuren mit Leben erfüllen.
Und auch hier gelingt es dem Film mindestens das Niveau des Vorgängers zu halten, wenn nicht sogar in manchen Punkten zu übertreffen.
Schon kurz angesprochen habe ich ja die Entwicklung von Paul Atreides und dieser macht eine sehr interessante Wandlung durch, die auch von Timothée Chalamet sehr gut übertragen wird, sodass ich mich am Ende, wie schon gesagt, gefragt habe, wie seine Figur nun wirklich zu sehen ist.
Dagegen fällt Rebecca Ferguson als Lady Jessica fast schon etwas ab. Ihre Rolle rückt trotz ihrer Wichtigkeit eher in den Hintergrund. Wohingegen Javier Bardem mehr in den Fokus gelangt und mit einer sehr unterhaltsamen Performance überzeugen kann.
Es ist vielleicht eines der größten Komplimente für einen Darsteller (zumindest in einem solchen Umstand wie hier), wenn man sagt, man hätte ihn überhaupt nicht wiedererkannt. Und so ging es mir mit Austin Butler als Feyd-Rautha. Ich fand seine Darbietung des psychotischen Mörders und Kriegers großartig und habe mich die ganze Zeit gefragt, welcher Schauspieler das ist und war gerade sehr überrascht, als ich mir die Cast-Liste angeschaut habe und Butlers Name ins Auge stach, den ich als Elvis durchaus gut fand.
Florence Pugh und Christopher Walken bekommen leider nicht ganz die Möglichkeit ihr volles Können auszuspielen, bereichern die Welt aber durchaus auf ihre Weise.
Jedoch möchte ich noch einen Namen hervorheben, der im ersten Teil noch sehr kurz kam, hier nun aber den Raum und die Geschichte zur Entfaltung bekam: Zendaya!
Beschränkte sich ihre Rolle im ersten Teil noch auf ein Minimum kleinerer Auftritte in Visionen und Träumen ist ihre Figur hier, gerade im Zusammenspiel mit jener von Paul ein interessanter Faktor der Erzählung, vor allem in Anbetracht des Endes und Zendaya liefert auch eine tolle Performance ab!
Natürlich ist der Cast noch gespickt mit weiteren großartigen Darbietungen und Namen in großen sowie kleinen Auftritten, doch strahlen Chalamet und Zendaya über allen anderen.
Aber man kann über Dune nicht reden, ohne auf die technischen Aspekte einzugehen. Wie schon Teil 1 ist Dune 2 mehr als nur ein Film - Dune 2 ist Kino! Es ist eine inzwischen oft genutzte Floskel, doch selten trifft so sehr zu, wie bei einem Film wie diesem: Er ist einfach für die große Leinwand gemacht!
Es ist erneut das Zusammenspiel großer epischer Bilder, eingefangen von Kameramann Greig Fraser, der die Schönheit der Tristesse wiederentdeckte, verstärkt durch visuelle Effekte auf aller höchstem Niveau und einem dröhnenden Sound, der das Kino erzittern lässt, welche dieses besondere Gefühl erzeugt, ein Gefühl, das man nur im Kino erlebt und das man nicht beschreiben kann. Untermalt mit dem bombastischen Score von Hans Zimmer entsteht so ein Film, der einem Erlebnis gleicht, ein Erlebnis, dem man auf der großen Leinwand beiwohnen sollte!
Aber kommen wir zur Ausgangsfrage zurück. Ist Dune 2 nun das erhoffte Highlight und das versprochene Paradis in das uns Denis Villeneuve führt?
Für mich definitiv. Ja, der Film hat durchaus ein paar Schwächen, so springt das Pacing meines Erachtens sehr zwischen gehetzter und gestraffter Erzählung und zäher Exposition hin und her, nichts desto trotz vergehen die fast 3 Stunden wie beim Ritt auf einem Sandwurm.
Über das Ende lässt sich eventuell auch streiten, mich hat es aufgrund seiner erneuten Offenheit etwas überrascht, da ich nicht damit gerechnet hätte, aber nun hoffe ich inständig, dass ein dritter Teil kommen wird.
War ich nach Teil 1 noch komplett umgeblasen von sämtlichen Eindrücken und überwältigt von der Euphorie, fühlt es nun nach Teil 2 etwas gedämpfter an. Was nicht heißen soll, dass mich Teil 2 weniger begeisterte, doch waren meine Erwartungen an Villeneuves Fortsetzung dermaßen hoch, das alles andere als ein herausragender Film fast schon einer Enttäuschung gleichgekommen wäre. Und dies ist Dune: Part Two nun überhaupt nicht.
Ich werde sehr sicher noch einen Rewatch benötigen, dann am besten gleich im Double Feature mit Teil 1 um meine Eindrücke und Gefühle gegenüber Teil 2 und der Geschichte als ganzes komplett einzuordnen, doch ist Dune 2 schon jetzt das erhoffte Highlight eines Kinojahres, welches schon sehr stark begann!
Denis Villeneuve ist es mit seinen beiden Dune-Filmen auf jeden Fall gelungen ein epochales Werk zu kreieren, in dem das Potential steckt, in einigen Jahren sogar in einem Atemzug mit Filmen wie „Der Herr der Ringe“ genannt zu werden.
Und dann wird sich auch zeigen, ob Denis Villeneuve wahrlich der Prophet ist, der uns versprochen wurde, ob er wirklich der Lisan al Gaib ist, der Kwisatz Haderach!